„Probier’s mal mit Genügsamkeit!“ Scheint das als ein ersatzloser Verzicht-Ansatz zur Heilung von Gier und Konsumkultur? Wenn das bei vielen nicht gut ankommt und Konflikte verursacht, sollten wir Wege suchen, die das vermeiden. Eine effektive Form Konsum reduzierender Sinnstiftung ist in unserer Zeit drängend notwendig. Beispiele wie Secondhand zeigen zwar, wie Produktion gebremst werden kann, aber trifft nicht die Wurzel des Problems. Wahrscheinlich ergibt es Sinn, tiefer zu forschen.

Der Inder Jiddu Krishnamurthi sagte etwas, das in diesem Kontext sinnvoll erscheint.
„Wir Menschen sind geblieben, wie wir seit Millionen von Jahren waren – im höchstem Maße gierig, neidisch, aggressiv, eifersüchtig, ängstlich und verzweifelt, mit gelegentlichen Ausbrüchen der Freude und der Zuneigung.“… „Der äußere Fortschritt hat uns vom Ochsenkarren bis zum Düsenflugzeug geführt; aber innerlich hat sich das Individuum überhaupt nicht geändert und dieses Individuum hat die Struktur der Gesellschaft in der ganzen Welt nach seinen Wünschen geschaffen.“

Wie Jiddu Krishnamurthi scheint auch mir, das wir diese komplexen Probleme des Lebens nur verstehen und lösen können, wenn wir verstehen, wie unser Geist funktioniert. Auf dieses Verständnis kann in Büchern zwar hingedeutet werden, aber es ist ein Prozess des inneren Erlebens und Beobachtens. Worte sind halt selten, was sie bedeuten wollen. Die Identifikation mit dem gewohnten Gedankenstrom blockiert in uns oft Möglichkeiten zur Besinnung. Im Leistungskonzept gefangen treiben wir von einer Wahrnehmung und Wertung zur nächsten pausenlos von einer lawinenartigen Assoziationsreihe zur folgenden. Wir lernten schon früh, wie wir etwas in unsere Köpfe hinein bekommen, aber wer hat uns vermittelt, wie wir so manches wieder dort hinaus bekommen. Wie ist es möglich, diese Prozesse assoziativer Springfluten ohne Medikamente zu kontrollieren?

Um geistige Geschehnisse mit ihren emotionalen Verknüpfungen klären zu können, ist Distanz im Inneren hilfreich. Das Streben nach Befriedigung durch Besitz wird meist durch einen vorgegaukelten Anschein von Befriedung angetrieben. Durch Werbung und konditionierten Hedonismus lassen wir uns blenden und verdrängen leichtfertig die Folgen der Unersättlichkeit.

Es ist grundlegend eine neutrale Haltung, einen nicht besetzten Ort im Inneren zu schaffen und zu pflegen, um den Fokus dort hinlenken zu können, wenn Vereinnahmung zu blenden droht. Eine Insel des inneren Friedens, der Gelassenheit und Ruhe, die Ausgeglichenheit und Selbstbesinnung fördert zu erschaffen, ermöglicht Zufriedenheit an ihrer unmittelbaren Quelle zu erleben. Könnten wir nicht dank einer solchen inneren Haltung erkennen und lernen, dass Zufriedenheit kein käufliches Attribut irgendwelcher Besitzgegenstände ist? Wir könnten lernen, abwegigen Wünschen den Fokus unserer Beachtung durch Gelassenheit zu entziehen. Sobald der Fokus des Bewusstseins anders als wunschorientiert ausgerichtet wird, entschwindet auch die Bindung des Bewusstseins an Wunscherfüllung, ohne Verzicht- und Unzufriedenheitsgefühle zu hinterlassen.

Wir sollten Orte fördern, wo vermittelt wird, dass die Zufriedenheit wie Glücksempfinden im Menschen selbst beheimatet sind. Würde man das als spirituelle, aber säkulare Lebenshilfe der Allgemeinheit zugänglich machen, könnte das ein weitestgehend konfliktfreier Beitrag zur Umgestaltung der Konsum- und Leistungsorientierung unserer Epoche werden. Das braucht auch keine pompösen Gebäude wie Kirchen, aber es könnte dem Wirtschaftssystem, das fortlaufend überproduziert eine Umorientierung abverlangen.