Dhyana
Wohin führt Selbstfindung.
Wer bin ich? Findet sich die Antwort nur durch Lebenserfahrung oder können uns Worte zur Erkenntnis führen?
Yoga-Meditation ermöglichte mir, aus der Betroffenheit und Identifikation mit Leistung wie Denkprozessen heraus in eine Beobachterposition zu wechseln. Mit so entstehender Distanz zu Inhalten meiner Bewusstseinsräume enthüllten sich mir in aufmerkender Wahrnehmung Selbstbildnisse. Sie zeigten mir, wer ich war, meine Existenzängste und mein Verlangen nach Sicherheit. Mein Begehren nach Anerkennung und die Ablehnung anderer. Sie zeigten mir meine Selbstzensur in dem, was ich sein wollte. Schließlich offenbarten sie mir, dass ich immer schon etwas war, etwas, das meinen fernen wie kühnen Zielvorstellungen fremd blieb, weil es ständig gegenwärtig war. Ich hatte in der Zukunft gesucht. Ich wollte etwas erreichen. Ich hatte etwas erwartet. Ich bewegte mich in Vorstellungsräumen, in denen nur das Denkbare Besinnung fand. Schließlich war ich also in der Gegenwart in der Mitte zwischen dem, was war und dem, was kommt angekommen. Dort fühle ich mich nun beheimatet. Das ist ein guter Zustand, weil da und nur dort die Lebenskraft pulsiert! Wie uns ein buddhistischer Lehrer einmal sagte: ”Keiner von uns ist besser oder schlechter, wir sind alle in der Mitte. In der Gegenwart!“
Das Leben atmet Gegenwart, dort, wo unsere Sinne wirkendes Sein spüren. An dieser Quelle des bewusst Werdens noch unberührt von Erinnerung und Vorstellung sind wir unserem unverfälschten Sein am nächsten. Dort erscheint Vielfalt als namenlose Einheit.
Dem Spiegel der Bedürfnisse und Begehren entsteigt ein Zauber, der fortan alles mit Worten und Symbolen umschlingt. Auch wenn das Wort Baum nie ein Baum war und sein Apfel ebenso Imagination blieb, begannen Worte selbstgenügsam zu verhüllen, was sie deuten wollten. So traten Erinnerung, Gedanken und Vorstellungen zwischen uns und die Wirklichkeit der Phänomene.
Ist dies ein Zeichen reifender Vernunft, des Erwachens, letztgültiger Urteilskraft der Menschheit oder der Entfremdung unserer irdischen Verbundenheit?
Das Wort Yoga deutet auf einen Zustand der Verbundenheit mit dieser Herkunft. Der Weg dort hin erschließt Lebensenergie, auf die wir durch Übungen einen erstaunlichen Zugriff erhalten. Durch diese Selbsterfahrung erneuert Yoga das Band zwischen Erkenntnis und Identität. Eine vollständige Übereinstimmung mit dem, was du bist, im Unterschied zu dem, was du sein solltest oder warst. Ein Zustand tiefer Übereinstimmung mit dir selbst als Glücksempfindung oder innerem Frieden in der Gegenwart.
Folge in der Wiege des Atems, dem Puls deines Herzens dorthin, wo Zukunft und Vergangenheit sich berühren. Dort gegenwärtig wirst du sehen, ob deine Sehnsüchte sich erfüllen.
Selbstfindung und Meditation
Dhyana bedeutet Bewusstseinszustände in lückenloser Bindung an Meditationsobjekte. Dabei schweift der Geist nicht mehr hier und dort hin ab. Erst wenn er vollkommen in seiner Ausrichtung ruht, wird der Zustand Meditation genannt.
Es gibt verschiedene Meditationsformen, zumal in der westlichen Hemisphäre Mode wurde, alle möglichen Handlungen so zu betiteln. Meditatives Radfahren ist ebenso abwegig wie Plastikbuddhas in Kosmetikgeschäften. Das ist bestimmt keine Werbung für den Buddhismus, sondern eher die Inflation der Begriffe durch Marketing. Werbestrategen/Innen greifen nach allem, was nicht schnell genug im Nebel verschwindet.
Wer etwas über die Traditionen der Meditation im Yoga wissen will, sollte unter dem Sanskrit Begriff Dhyana suchen. Wer spirituelle Meditationspraktiken erlernen will und eine persönliche und praxisverbundene Einführung sucht, kann nach einem Raja-Yogi oder Guru suchen.
Es sei aber gesagt, das Raja-Yoga ein königlicher Weg ist, der sich nicht für jeden eignet. Der achtgliedriege Pfad des Asthanga beschreibt ihn genauer und wer ihn gegangen ist, versteht das lebendige Lächeln und die Weisheit der Yogis besser als alle, die um goldene Kälber tanzen.
Nach Patanjali, der den Weg ca. im 2. Jahrhundert v. Chr. schon vor Buddha beschrieb, sind es folgende sechs Phasen, die ein Yogi durchlebt, bevor er sich dem Dhyana-Zustand nähert. Yama, Nijama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi sind die acht Glieder des Weges zur Ruhe des Geistes. Ernsthaft Interessierten wird sich erschließen, was die Begriffe bedeuten. Den anderen wird es so, wie sie sich selbst ein Geheimnis sind gleichsam ein Geheimnis bleiben.
Wer ein echtes Interesse hat, sollte Bescheidenheit und Einfachheit verwirklichen, in Geist und Körper flexibel sein und über Geduld wie Ausdauer verfügen. Wer bereit ist, sich von egoistischen Handlungsmotiven zu lösen, um Mitgefühl in selbstlosem Handeln zu verwirklichen, den möchte ich gerne kennenlernen.
Die Erde leidet unter unserem Zeitgeist. Sie braucht nun Zufriedenheit,
Einfachheit, Bescheidenheit und unsere Liebe.